Sonntag, November 12, 2006

Küchenmeditation

Als ich heute das Gemüse für unser Mittagessen geschnippelt habe (was bei mittlerweile 7 - 8 Essern einige Zeit in Anspruch nimmt), musste ich an eine Fernsehwerbung für "Gemüse und Sauce" denken. Darin wird dafür geworben, dass es durch die neuen Dosen für die fortschrittliche Hausfrau nicht mehr nötig ist, umständlich und lange Gemüse zu putzen. Sie kann im Handumdrehen ihre Lieben beglücken und muss keine Zeit mehr an stupide Arbeiten verwenden.
Mir fiel dazu eine Szene aus dem kleinen Prinzen ein:

"Guten Tag", sagte der kleine Prinz.
"Guten Tag", sagte der Händler.
Er handelte mit höchst wirksamen, durststillenden Pillen. Man schluckt jede Woche eine und spürt überhaupt kein Bedürfnis mehr, zu trinken.
"Warum verkaufst du das?", fragte der kleine Prinz.
"Das ist eine große Zeitersparnis", sagte der Händler. "Die Sachverständigen haben Berechnungen angestellt. Man erspart dreiundfünfzig Minuten in der Woche."
"Und was macht man mit diesen dreiundfünfzig Minuten?"
"Man macht damit, was man will ..."
"Wenn ich dreinundfünfzig Minuten hätte", sagte der kleine Prinz, "würde ich ganz gemächlich zu einem Brunnen laufen ..."

Manchmal erwische ich mich bei dem Gedanken, dass ich diese "niedrigen" Alltagstätigkeiten auch am liebsten durch Instantnahrung umgehen würde, um mehr Zeit zu haben für die "eigentlichen" Dinge des Lebens, für das, was mehr meinen Gaben entspricht und mich richtig nach Vorne bringt.
Aber ich glaube, wenn ich dieser Versuchung nachgeben würde, würde ich mir Chance nehmen, Gott auf eine ganz besondere Art zu begegnen.
Gott ist oft schwer zu finden in komplizierten theologischen Gedankengängen und in endlosen Sitzungen, in denen wir versuchen die Welt zu retten. Aber er ist für mich leicht zu finden an meinem Herd und bei meinem Gemüse. Hier habe ich wirklich erfüllte Gebetszeiten und segne jede Kartoffel, damit sie denen neue Kraft geben kann, die sich verausgabt haben.
Nicht dass Theologie und weltverändernde Gespräche überflüssig wären. Aber an meinem Herd wird mir bewusst, dass Gott Mensch wurde und Er anderen das Frühstück machte, obwohl er es genauso gut aus Steinen hätte zaubern können. Er ist mir nahe und ich spüre seine Gegenwart und sein Wirken in den einfachen, routinemäßigen Handgriffen meiner Arbeit.

Wie nah ist mir dann Teresa von Avila, die große Mystikerin und Kirchenlehrerin in ihrem Gebet:

Mache mich zu einer Heiligen,
indem ich Mahlzeiten zubereite
und Teller wasche.
Nimm an meine rauen Hände,
weil sie für Dich rau geworden sind.

Obgleich ich Martha-Hände habe,
hab' ich doch ein Maria-Gemüt,
und wenn ich die schwarzen Schuhe putze,
versuch ich, Herr,
Deine Sandalen zu finden.
Ich denke daran,
wie sie auf Erden gewandelt sind,
wenn ich den Boden schrubbe.

Herr, nimm meine Betrachtung an,
weil ich keine Zeit habe für mehr.
Herr, mache Dein Aschenbrödel
zu einer himmlischen Prinzessin;
erwärme die ganze Küche mit Deiner Liebe
und erleuchte sie mit Deinem Frieden.

Es wäre doch zu schade, diese Erfahrung durch einen Dosenöffner zu ersetzen, oder?

5 Comments:

Blogger Rahel Thailand said...

Danke Daggi!
Das muss ich wohl auch mehr lernen.
RAHEL

3:27 PM  
Blogger mesii said...

ja....
danke das macht mut!!

7:37 PM  
Blogger Jocky said...

Wow, sehr gut und cool. Richtig entspannend. Finde es immer wieder gut, in Erinnerung gerufen zu bekommen, dass Jesus ein Gott des Alltags ist. Eben dass er Füße gewaschen, Frühstück bereitet und Blut geschwitzt hat...

Danke...

2:24 AM  
Blogger barb said...

in diesem Sinne geh ich mal Lasange vorbereiten für den lieben Mesiijojobesuch, den wir heute abend bekommen werden!
liebste Grüße

3:32 PM  
Blogger cee said...

wow, danke, toller eintrag!

11:37 PM  

Kommentar veröffentlichen

<< Home