Ich lese gerade das schon etwas ältere Buch
"Auf den Spuren der Engel" von dem Soziologen
Peter L. Berger. Es ist eine Erkenntnis der
Wissenssoziologie, dass du nur so lange deine Vorstellung von Wirklichkeit als verlässlich ansiehst, wie dir dein Umfeld diese Annahmen sichert und stützt. Dein Weltverständnis ist also von der Kontinuität deines Umfelds abhängig. Das nennt man eine "Plausibilitätsstruktur". Wenn diese aus irgendwelchen Gründen (z.B. Umzug) nicht mehr gegeben ist, dann erschüttert das dein gesamtes Weltbild.
Gerade, wenn du zu einer gesellschaftlichen Gruppe gehörst, "deren Weltanschauung sich in charakteristischen Zügen von dem unterscheidet, was in ihrer Gesellschaft sonst als Gewissheit gilt" (kognitive Minderheit, S.25), ist es absolut notwendig, dass diese Gruppe eine starke Gemeinschaft bildet, die eine Stützfunktion für die gemeinsame Weltanschauung innehat.
Unser Glaube fordert uns in vielen Punkten heraus, eine Sicht der Wirklichkeit zu vertreten, die nicht dem gesellschaftlichen Konsens entspricht. In unserer Gesellschaft sind wir eine "kognitive Minderheit". Wir müssen uns deswegen bewusst sein, dass das Umfeld in dem wir uns aufhalten (d.h. die Gemeinde, die Bewegung) und die Menschen mit denen wir im stützenden Austausch über unseren Glauben sind (Geschwister, Lehrer, (christliche) Literatur) für uns notwendig sind, um unseres Glauben in der Welt zu bewahren.
Allerdings können sie uns auch ein Weltbild stabilisieren, das wir nur aufgrund seiner "Plausibilitätsstruktur" für wahr halten. Solche "dogmatischen Systeme" können verhindern, dass wir uns frei und offen mit neuen Gedanken auseinandersetzen. Menschen, die unser Sicht der Wriklichkeit nicht teilen, bedeuten dann eine Gefahr für unser System, weil sie die Weltanschauung in Frage stellen, die wir innerhalb unserer überlebensnotwendigen Enklaven alle teilen. Das ein System eng oder überkommen ist, kann im System keiner sehen, denn es ist ja für jeden plausibel und dadurch, dass es den Glauben stützt und stärkt auch "gut".
Wir leben alle in solchen Systemen und sind auf sie angewiesen. Sicher haben viele bereits erlebt, dass Umzüge oder Gemeindewechsel manchmal ganze Revolutionen in unserer Weltsicht auslösen können. Ich möchte dir aus meiner Erfahrung des letzten Jahres (dem Umzug aus der Großstadt aufs Land) Mut machen, mal über deine "Plausibilitätsstrukturen" nachzudenken. Hab den Mut dich mal wieder mit Menschen auseinanderzusetzen, für die vielleicht das Gegenteil deiner Weltanschauung plausibel ist. Vielleicht kann dir ein Systemcheck helfen, frischen Wind in deine Gehirnwindungen zu bekommen und aus zu engen Denkstrukturen auszubrechen, um Jesus wieder ganz neu kennen zu lernen.