Samstag, August 27, 2005

Alltagstaugliches Kloster oder die Frage danach, was unser Leben bestimmt

Markus hat in seinem Freakstockworkshop eine sehr anschauliche Geschichte eingebaut. Er hat von einem Mönch erzählt, der als Schreiber arbeitete. Als die Klosterglocke zum Gebet rief, war er gerade dabei, ein "i" zu schreiben. Um es zu vollenden, fehlte ihm lediglich der Punkt. Er legte die Feder zur Seite und ging zum Gebet. Denn es war Zeit zu beten.

Als ich das so gehört habe, habe ich mir ernsthaft die Frage gestellt, ob der Glaube mein Leben bestimmt oder mein Leben den Glauben. Die Bilanz war sehr ernüchternd. Eigentlich bestimmt mein Alltag mein Glaubensleben. Je nachdem ob ich früh aus dem Bett komme oder wieviel ich zu tun habe, bekommt Gott etwas von meiner Zeit bzw Aufmerksamkeit ab oder eben nicht.
Ich glaube, dass vor lauter Angst vor Gesetzlichkeit Nachfolge in der Gefahr steht, zur Beliebigkeit zu werden. Nehmen wir mal an, wir bekommen das mit der "Stillen Zeit" am Morgen noch hin, wie sieht es mit dem Rest vom Tag aus? Ist es wirklich so, dass ein Leben mit einem ganz normalen Job keine Zeiten mehr frei lässt, in denen man innehalten kann, um das, was man gerade tut, wieder auf Gott auszurichten? Wir können doch auch unsere Arbeit unterbrechen, um uns einen Kaffee zu holen oder etwas zu essen.
Ich denke, es ist Sinn und Zweck fester und ggf auch lturgischer Zeiten, genau das zu tun. Sie helfen einem das Bewußtsein zu bekommen, dass unser ganzes Leben Gottesdienst ist. Es stimmt, nicht jeder kann ins Kloster, aber ich kann mir vorstellen, dass es Wege gibt, Klosterprinzipien in unseren Alltag zu bringen.
Was denkt ihr? Wie macht ihr euch im Alltag bewusst, dass ihr 24 Stunden für Gott lebt in allem was ihr tut?

Montag, August 22, 2005

Unterschied zwischen scholastischer und monastischer Theologie

Ich fand es ziemlich bereichernd, mir einmal den Unterschied zwischen monastischer (also klösterlicher) und scholastischer (eher akademischer) Theologie klar zu machen.
Scholastische Theologie ist "sitzende Theologie". Ihr Ziel ist der Erwerb von Wissen und das Vorantreiben von Wissenschaft. Dialektische Argumentation, Logik und Vernuft sind ihre Mittel. Wenn man ihre Vorgehensweise in einen Dreischritt packen will, dann wäre das
  • Lectio (Lektüre)
  • Quaestio (Fragestellung) und schließlich
  • Disputatio (kontroverse Diskussion zur Fragestellung.
Demgegenüber könnte man die monastische Theologie eher als die "knieende Theologie" bezeichnen. Ihr Ziel ist der Erwerb von Weisheit, innerem Verstehen und die Erkenntnis eher übergeordneter Zusammenhänge. Ihr Mittel ist die Lectio Divina, die sich in den Dreischritt
  • Lectio (Lektüre)
  • Meditatio (inneres Verkosten)
  • Oratio (Gebet)
fassen lässt.
Ich frage mich, ob viele Streitigkeiten in der Kirche nicht daher kommen, dass die scholastische Theologie in unserer Gemeindekultur völlig überbetont ist. Es geht - vor allem in protestantischen Kreisen - doch meistens darum, wer die rechte Lehre vertritt und jede neue Strömung ist letztlich dazu bereit, um dieser Frage willen auch ihren eigenen Club zu gründen.
Vielleicht täte es uns gut in diesem Punkt von den Mönchen zu lernen.

Sonntag, August 21, 2005

Wieder was gelernt


Wir waren heute auf dem Eseltreffen in Gütersloh und da ist mir aufgefallen, dass viele Esel ein Kreuz auf dem Rücken tragen. Simon hat mir dann erklärt, dass sie das tun, weil einer ihrer Vorfahren Jesus nach Jerusalem hineingetragen hat. Wusstest du das? Falls du auch Esel magst hab ich hier noch ein paar nette Fotos. Man kann mit Eseln eben doch eine Menge machen!

Freitag, August 19, 2005

Sind wir nicht alle ein bißchen...

katholisch- wenigstens zur Zeit. Wer keine Lust hat auf ellenlange Fernsehberichte und nicht gerne Zeitung liest, für den habe ich ein paar Tipps, die es einem möglich machen per Internet virtuell in Köln dabei zu sein. Mein Lieblingspodcaster Father Roderick ist live in Köln und sendet jeden Tag auf seiner Homepage eine exzellente Zusammenfassung dessen, was er erlebt hat. WDR 5 hat ein eigenes Radio eingerichtet und überträgt tagsüber neben einem allgemeinen Informationsprogramm Veranstaltungen und Reportagen live aus Köln. Natürlich wird auch eifrig gebloggt. Wen ihr da einsteigen wollt, könnt ihr das hier und hier tun. Viel Spass!

Sonntag, August 14, 2005

Ist Wahrheit statisch?

Stoch hat auf meine Aussage im letzten Post, dass Wahrheit statisch ist, einen sehr interessanten Kommentar geschrieben und ich muss dazu kurz noch was erläutern. Ich glaube der Terminus Wahrheit war von mir nicht wirklich gut gewählt, weil man darunter zu viel verstehen kann. Mein großer Rabbi Christian A. Schwarz schreibt dazu in seinem grundlegenden Buch "Paradigmenwechsel in der Kirche" eigentlich so ähnlich wie Storch, dass es letztlich im Wahrheitsfindungsprozess zwei Pole gibt: Den Biblischen Kanon und Wahrheit als Ereignis. Der Biblische Kanon ist dabei die institutionelle, statische Größe. Wenn ich von Wahrheit gesprochen habe, habe ich damit die Gesamtheit der Schrift gemeint. Die ist für mich im Großen und Ganzen statisch (trotz Textkritik und Übersetzungtralala). Dynamisch bleibt, was dieses Wort auslöst, wenn es auf einen Menschen trifft. Da wo das Wort Gottes und damit auch der Sohn Gottes, als dessen fleischgewordene Gestalt, mit dem Menschen in Interaktion tritt, da ist natürlich Dynamik, denn da ist Beziehung und es entsteht dynamische Beziehungskultur. Die Missverständisse liegen wie immer in der Identifikation von Institution und Ereignis. D.h. da wo der Kanon die menschliche Begegnung nicht mehr braucht um zu funktionieren, kann nur dumpfer Fundamentalismus herauskommen und da wo sich die persönliche Offenbarungswahrheit von der Schrift trennt, finden wir puren Ekklektizismus.
Gott hat in seiner Vollkommenheit entschieden - und da denke ich streng pneumatologisch - dass er ohne uns unvollkommen ist. Er braucht uns für sein Erlösungswerk. Wir dürfen mit ihm zusammenarbeit und dabei schöferisch tätig sein. Das ist die Beziehungsdynamik des Glaubens, die unser Christsein so wunderbar macht. Das ist der Schlag ins Gesicht aller Ideologie, der es nur um richtig und falsch geht.

Donnerstag, August 11, 2005

Sola Cultura?!

Pete Greig zitiert in seinem Buch "The Vision And The Vow" Os Guinness' Schlagsatz, ein Großteil der amerikanischen Evangelikalen habe die Autorität des "sola scriptura" durch ein "sola cultura" ersetzt. Solche Sätze lassen mir mein Christsein manchmal wie eine Achterbahnfahrt erscheinen. Es schleudert einen von links nach rechts. Zuerst wird die Wahrheit und Absolutheit der Schrift so lange ideologisiert, bis Christen weltfremde Aliens sind, dann kommt dann die Gegenbewegung und ideologisiert "kulturelle Relevanz" bis man das Gefühl bekommt, es wird zum Gesetz den gesellschaftlichen Trends unter allen Umständen zu gehorchen. Wenn uns die Wahrheit soweit abhanden gekommen ist, dass wir sie in unserer ganzen Relevanz gar nicht mehr finden, dann geht das Ganze wieder anders herum. Mich ermüdet dieses Spiel. Ist es denn so schwierig, die beiden Pole einander zuzuordnen, anstatt ständig auf der einen oder anderen Seite ins Extrem zu fallen?
Kultur kann keine Wahrheit sein. Wahrheit ist statisch, Kultur dynamisch. Kultur will gestaltet werden. Sie ist ein Medium und sie braucht einen Inhalt. Wenn Kultur nicht mehr ihrem Inhalt dient, wenn sie nur noch um ihrer selbst oder unserer bigotten Relevanz willen ausgelebt wird, dann wird sie zur Ideologie. Die Gestaltung und das Erschaffen von Kultur ist ein Werkzeug, das Gott uns in die Hand gegeben hat. Kultur kann von uns nur mit der Bibel in der Hand gestaltet werden. Das Evangelium und seine Werte sind das, was wir transpotieren wollen. Insofern gestaltet und begrenzt die Wahrheit die Kultur und nicht die Kultur die Wahrheit. Kultur, die in diesem Punkt ihrem Auftrag nicht mehr gerecht wird, ist sinnlos. Kultur, die nicht mehr dafür sorgt, dass in ihrem Rahmen Glaube, Gemeinschaft und Dienst gefördert werden, die nicht mehr behilflich ist, dass Menschen in ihrem Leben zu Christus hin wachsen, hat ihr Ziel verfehlt und muss korrigiert werden.
Manchmal hab ich das Gefühl, wir sind faul. Lieber ideologisieren wir die eine oder andere Seite, als die Spannung, die durch die Zuordnung von Schrift und Kultur entsteht, auszuhalten. Dabei macht gerade diese Spannung eine Gemeinde lebendig. Wir müssen diskutieren, was es heißt, das Evangelium heute zu kommunizieren. Wo muss man Dinge kulturell anpassen, weil wir in der Welt sind und von ihr verstanden werden müssen, und wo müssen wir als Christen eine Gegenkultur bilden, weil wir nicht von der Welt sind und sie uns nicht verstehen kann. Es gibt keine Schlagsätze, die uns dieses Ringen abnehmen. Es bleibt ein schmaler Weg und im Augenblick fahren wir - meiner Ansicht nach - zumeist endweder links oder rechts gegen die Leitplanke...